Storytelling, Marke, Glaubwürdigkeit.

Wir werden mit Studien bombardiert, die belegen, dass Geschichten Menschen bewegen und über­zeugen können. Aber was macht ein gute Geschichte aus? Wie finden, schreiben und verbreiten Sie Stories, die die Herzen Ihrer Kunden ge­winnen und diese veran­lassen ihre Gewohn­heiten und Über­zeugungen zu ändern? Und was hat das mit Markenführung und dem hochge- und bejubelten “Content Marketing” zu tun?

Storytelling muss der Marke etwas bringen

Content Marketing ist zur Zeit der angesagte Heils­bringer. Als ob in der Marketing­kom­muni­kation nicht schon immer Inhalte verbreitet worden wären. Auch das Story­telling, oft in einem Atem­zug mit Content Marketing genannt, gab es in der Ver­gangen­heit in PR, Kunden­zeit­schriften, unterhalt­samen TV Spots, in Broschüren und selbst in manchen An­zeigen. Der Siegeszug des zweifelsohne spannenden und wirkungsvollen Storytellings/Content Marketings fusst aber zu einem Großteil auf dem Trugschluss, dass die in die Digital­welt gesetzten Ge­schichten kosten­los wären. Das drückt sich aus in den Schlag­worten “owned media” im Gegensatz zu “paid media”. Kosten­los ist Story­telling/ Content Marketing aber keines­falls und von selbst ver­breiten sich die Geschich­ten in der Regel auch nicht.

Storytelling und Content Marketing müssen sich daher daran messen lassen, was sie dem Unter­nehmen bringen und was sie leisten können. Eine Ver­bindung zur Marke ist unab­dinglich.

Man kann Content Marketing zwar als strikt neutrale Vermitt­lung von Wissen oder Unterhaltung verstehen. Der Wert liegt dann darin, dass sich ein Unternehmen als Meinungsführer und als glaubwürdiger Publi­kations-Dienst­leister profi­lieren und damit irgendwie das Ver­trauen in die Marke stärken kann. Aber eben nur indirekt. Dann bleibt es aber ein eher unbe­deutender Bau­stein im Marketing­mix und kann auf keinen Fall andere Formen der Werbung er­setzen, wie uns manche Pro­duzenten von Content Marketing glauben machen wollen.

Auch viele Prota­gonisten von Story­telling lehnen jede Form von Werbung und Infor­mation als kontra­produk­tiv ab und wollen am liebsten nur unter­halten. Zuge­geben: einfache oder sogar plumpe Abver­kaufs­werbung mit Features und Funk­tionen hilft nicht, dass Geschichten zu Ende gelesen oder gehört werden. Aber Story­telling von Unternehmen sollte ehrlich dazu stehen, dass es dem Unternehmen etwas bringen muss. Der Vorreiter des Content Marketings, Red Bull macht es vor, wie man damit erfolgreich für Marke und Produkt wirbt. Das eigene Magazin, der eigene TV-Sender und die Online-Kanäle bieten eine breite Unter­haltungs-Themen­welt rund um Extrem­sportarten und alle Arten von Höchst­leistungen. Alle Stories darin führen jedoch direkt oder indirekt zur Kernwerbe­aussage der Marke: Unser Drink verleiht Flügel und hilft Dir damit solche Extrem­anforderungen zu meistern.

Vermittlung von Einzigartigkeit über Story­telling im B2B

Die meisten deutschen Industrie-Unter­nehmen sagen über sich aus, dass sie inno­vativ und Qualitäts­führer seien und zuver­lässige Services bieten. Und das stimmt auch in vielen Fällen. Aber gerade darum kann man sich mit diesen Schlagworten allein nur schwer­lich differen­zieren. Daher wird oft und gerne auf die Funk­tionen und Features der Produkte ausgewichen. Damit allein lässt sich jedoch dem Kunden noch nicht mal der fach­liche Nutzen eines Produktes ver­mitteln, ge­schweige denn der so wichtige psycho­logische Nutzen. Man kann auch kein Bild des Know-hows, der Expertise, der Haltun­gen und Werte eines Unter­nehmens, kurz seiner Einzigartigkeit, aufzeigen. Dabei sind Unter­nehmen immer einzig­artig. Es gilt nur, diesen einzig­artigen Kern eines Unter­nehmens, einer Marke ehrlich heraus­zuarbeiten.

Basis aller Brand­stories: eine kurze, knappe Positionierung­story

In einem guten strategischen Positionierungs­prozess wird genau das gemacht. Dabei wird geprüft wie der Markt aussieht, wie der Wett­bewerb sich auf- und darstellt und wie man sich davon unter­scheiden kann, wie die Bedürf­nisse der Ziel­gruppen sind und wie die DNA des Unter­nehmens ist. In der DNA sind Geschichte, Werte, Hal­tungen, reales Ver­halten und Vorstel­lungen über die Zukunft einge­prägt. Aus all diesen Informa­tionen lässt sich eine Posi­tionierungs­story und ein Marken­steuer­rad ableiten, das wesent­liche Punkte wie “Wer bin ich? Wie differen­ziere ich mich und in welcher Tona­lität kommuni­ziere ich?” beschreibt. Das ist dann die Basis und Richt­schnur für das Content Marketing, wenn man Content Marketing als die Fest­legung und Aus­führung aller inhalt­licher Bot­schaften eines Unter­nehmens be­greift.

Im besten Fall schaffen es Unter­nehmen mit ihren Agen­turen und Beratern die Einzig­artigkeit des Unter­nehmens in einem Satz oder gar in einem Wort oder Bild auszu­drücken, nicht nur fokussiert und strate­gisch richtig, sondern auch kreativ, d.h. über­raschend, auf­fallend und emotio­nal an­sprechend. Das sind dann die besten Brand­stories, die Bilder im Kopf auf­gehen lassen.

Stories: Schätze aus dem Unternehmen

Ist die Kernbotschaft und die Kern­geschichte fest­gelegt, kann es an das Story­telling gehen. Dort wird dann das enge Band wieder etwas gelockert und man kann konkret und bild­haft belegen, was man zum Bei­spiel unter Qualität, Inno­vation oder der im Service­bereich so viel gerühmten Partner­schaft versteht und vor allem wie man diese wirklich lebt. Ehrlich­keit und Glaub­würdig­keit sind dabei unab­dingbar. Daher steht die interne Kommuni­kation auch an erster Stelle. Im Unter­nehmen findet sich ein reicher Schatz an Ge­schichten, man muss ihn nur ent­decken. Mit­arbeiter helfen gerne bei der Schatz­suche. Gut kom­muni­zierte Geschichten wiederum können Mitar­beiter zu marken­konformen Ver­halten moti­vieren und sie für die Marke be­geistern.

Content nicht nur Digital, sondern Multichannel

Mit kleinen, abgeschlossenen Ge­schichten,die die Kern­geschichte variieren, kann sich das Unter­nehmen an den rele­vanten Touch­points den unter­schied­lichsten Ziel­gruppen und Stake­holdern präsen­tieren und mit ihnen in den Dia­log treten. Richtig gute Geschichten werden weiter erzählt, sie verbreiten sich sowohl digital als auch über klassische Medien und “mouth-to-mouth”, wie zum Beispiel die Gründungsmythen der Silicon Valley Firmen..

Geschichten erzählt, gestaltet und ver­breitet man am besten:

  • aus unterschiedlicher Per­spektive; Kunde, End­kunde, Mit­arbeiter, Be­werber, Kommune, Finanz­leute,
  • in unterschiedlichen Formaten wie Per­sonen­geschichten, Fach­artikeln, Erfahrungs­berichten, Videos, Bildern, Repor­tagen, Interviews, Studien, white papers,
  • über unterschiedliche Platt­formen und Medien, sowohl digital im web, in news­lettern, social medien, communities, blogs, mobilen apps und internen Netzen, als auch über Print­medien wie PR, Anzeigen, Adver­torials, Kunden- und Mitarbeiter­zeitschriften. Selbst bei Life Events und persön­lichen Kon­takten wie Vertriebs­präsenta­tionen wirken emotio­nal insze­nierte Ge­schichten besser als allein trockene Fakten in Power­point­präsen­tationen.

Relevanter Content zum richtigen Zeit­punkt im richtigen Kanal

Hoch­wertige, attraktive Inhalte generieren Reich­weite und Link­building in der Digitalmedia­landschaft und tragen zur Such­maschinen­optimierung bei.
Aber ganz wesentlich: Content Marketing und Story­telling zielt darauf ab relevante Inhalte zu kreieren, die Goodwill für das Unternehmen schaffen und damit indirekt das Verhalten der Kunden beeinflussen und in die richtige Richtung lenken. Um dabei wirklich effektiv zu sein, gilt es sich am Kunden­verhalten und dem Kauf­prozess zu orientieren. Wenn der Content präzise an den Bedürf­nissen und Nutzungs­situationen der Ziel­gruppen ausge­richtet ist – und das an allen Stellen der Customer Journey, können Kunden oder Stake­holder auch über­zeugt und nach­haltig an das Unter­nehmen gebunden werden.

Das erfordert Rele­vanz, d.h. den richtigen In­halt zum richtigen Zeit­punkt im richtigen Kanal. Eine altbe­kannte Forderung, die heutzu­tage immer komp­lexer wird.

  • Unter dem richtigen Inhalt versteht man Rele­vanz für das einzelne Indivi­duum zu schaffen, auf dessen Bedürfnisse einzugehen. Menschen kaufen – auch der B2B-Ent­scheider ist ein Mensch – in erster Linie nicht Produkte, sondern Ideen und Lösun­gen für ihre Probleme und daher dominieren auch die Bedürfnisse nach emo­tionaler Bestätigung und Ver­trauen. Die Geschichten dürfen nicht nur in B2C unterhaltsam sein. Geschichten machen Marken anfassbar, erlebbar und glaubwürdig.
  • Richtiger Zeit­punkt heisst die Aus­lieferung unter­schied­licher Inhalte in „real time“, ab­hängig davon, ob sich ein Ent­scheider in der Infor­mations-, Ent­scheidungs- oder After-Sales-Phase befindet oder ob sich ein Konsu­ment in der Nähe eines Ladens oder im Ge­schäft bewegt. In der allge­meinen Infor­mations­phase kann es zum Bei­spiel ratsam sein, dort neu­trale Geschichten, Studien­auswertungen, white papers zu verbreiten, die nicht auf die Produkte direkt ein­gehen, statt dessen aber das Ver­trauen in das Unter­nehmen/ den Absender erhöhen, weil sie Wissen oder An­regungen ver­mitteln oder das Unter­nehmen als Meinungs­führer / Vor­denker profi­lieren.
  • Richtiger Kanal heisst aus der Kanal­vielfalt, die sich in atem­beraubender Ge­schwin­digkeit entwickelt, die opti­male Kombi­nation auszu­wählen und dann auch die Geschichten kanal­adequat zu erzählen. Guter Content braucht dazu Ver­stärkung, kaum jemand sucht auf einer Unter­nehmens­website nach Ge­schichten oder Studien. Promoted Posts, Werbung on- und offline, also Paid -Strategien verhelfen zu­meist erst zu der er­wünschten Distri­bution und Reich­weite.

Mit hoher Geschwindigkeit werden Lösungs­angebote von Anbietern aus dem Digital­bereich mit Feuer­eifer entwickelt und auf den Markt geworfen. Das reicht von einfachen Customer-­Journey-­Analysen über mehr oder weniger stark automati­sierte Targeting-­Programme bis zu Smart Data aus Big Data. Nicht immer sind auf­wendige Algo­rithmen und Pro­gramme sinnvoll und möglich, bei vielen B2B-Unter­nehmen mit be­grenzter Kunden­zahl hilft es schon, sich mit den Nutzen­erwartungen und Ent­scheidungs­prozessen der Kunden stärker aus­einander zu setzen.

Gut erzählte, kreativ inszenierte, zur Marke passende Ge­schichten bringen Erfolg

Wenn man da mehr weiß, lassen sich Geschichten auch besser erzählen sowie menschlich und spannend gestalten. Über­zeugung und Bindung gelingen dann leichter. Trotz der sich extrem wandelnden Situation mit neuen Kanälen und Tech­nologien und Marken, bleiben die Menschen in einer Hin­sicht im wesent­lichen gleich: sie fühlen sich durch über­raschende Ideen, starker Erzähl­kunst und Emo­tionen ange­zogen. Die neuen Kanäle und Techno­logien bieten un­glaub­liche Möglich­keiten, um solche Geschich­ten zu erzählen und zu verbreiten: Geschich­ten in einfacher, klarer Sprache, die viele Bilder im Kopf ent­stehen lassen oder auch Ge­schichten in Bild und Bewegt­bild, die nicht nur die Ratio sondern auch Emo­tionen ansprechen. Sie sind tat­sächlich weit wirkungs­voller als manch andere Kommuni­kations­form.

Das Allerwichtigste dabei ist jedoch, dass alle Ge­schichten direkt oder indi­rekt auf die Marke ein­zahlen, dass sie Ver­trauen schaffen und/oder die Kern­bot­schaft belegen, dass sich letzt­endlich alles wieder zu­sammen­fügt. Dann kann nicht nur die Effi­zienz der Kommuni­kations­mass­nahmen durch kosten­sparende Synergien ver­bessert, sondern auch die Effek­tivi­tät und damit der ROI ganz wesent­lich gesteigert werden.

Ingrid Wächter-Lauppe
Geschäftsführende Gesellschafterin der Wächter Worldwide Partners
i.waechterlauppe@waechter.team

 

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