Healthcarewerbung B2B: Mediziner sind auch nur Menschen

Fünf Dinge, die Healthcarewerbung von anderen Branchen lernen kann oder warum man nicht unbedingt im eigenen Kategoriesaft schmoren sollte.

Was soll Healthcarewerbung für Mediziner und Professionals eigentlich leisten? Neben Informationsvermittlung geht es natürlich auch hier um Präferenzbildung für Marken, egal ob für Produkt- oder Unternehmensmarken, egal ob bei OTC oder bei RX. Auch in diesem Markt ist eine starke Marke unverzichtbar im Wettbewerb von immer mehr Produkten mit ähnlichen Leistungen. Marken geben Orientierung und stehen in der Regel für klare Versprechen und für Verlässlichkeit. Das ist nicht neu, aber essenziell.

Um dieses Ziel erfolgreich zu erreichen, muss Healthcarewerbung ihre professionellen Zielgruppen eigentlich nur wie “normale” Menschen verstehen und ansprechen, und zwar in ihrer Rolle als Rezipient, mit den weitgehend gleichen Perzeptionsmechaniken und auch Perzeptionsproblemen wie jeder andere Mensch als Kunde und Konsument in einer Welt des Angebotsüberflusses und MeToo’s, der Kommunikationsüberreizung und sich dynamisch veränderndem Mediennutzungsverhalten.

Warum werden dann elementare Grundregeln in der Kundenansprache und Markenkommunikation gerade in diesem Feld manchmal so anders gedeutet oder gar völlig außer Acht gelassen? Hier kann Healthcarewerbung von anderen Märkten für erfolgreiche Markenkommunikation lernen.

Profilieren statt nur informieren

Marken müssen Menschen überzeugen und begeistern (Bitte immer beides, Kopf und Bauch!), auch B2B. Nachhaltige Markenpräferenz aufbauen heißt deshalb Marken auch als starke, leistungsfähige, sympathische und im Idealfall sogar überlegene Persönlichkeiten zu präsentieren und sie mit einem relevanten und attraktiven Profil auszustatten. Das verlangt dann die Bereitschaft und manchmal den Mut, Marken zu inszenieren und nicht bloß sachlich über Leistungsfeatures abzubilden. Emotionalität ist ein hochrelevanter Entscheidungsfaktor auch hier. Langfristig erfolgreiche und stabile Beziehungen zwischen Kunden und Marken sind überwiegend emotional geprägte Beziehungen. Ärzte und Professionals bilden dabei keine Ausnahme. Und selbst in der Pharmawelt gibt es eine ganze Reihe höchst entscheidungsrelevanter Emotionen wie Vertrauen, Anerkennung, Respekt. Solche gilt es aufzubauen und zu nutzen – alles selbstverständlich im gesetzlich vorgesteckten Rahmen.

Vereinfachen und Fokussieren

„Sag, wofür Du stehst, was Du mir bietest, was ich von Dir habe. Und bitte sag es einfach und klar und komm bitte schnell auf den Punkt!“ Auch in der Healthcarewerbung ist nicht Komplexität sondern Simplizität der Botschaft gefordert. Die Botschaft sollte die Chance haben, sich im Konkurrenzumfeld durchzusetzen, verstanden zu werden, Interesse zu wecken und sich verankern zu können. Deshalb gilt es, die Wirkung, die Mechanik, den Nutzen auf so einfache Weise wie möglich zu reduzieren und den zentralen Punkt, der Produkt und Marke auszeichnet, dafür mit aller Kraft herauszustellen und in Szene zu setzen. Für eine Markenprofilierung gilt “Weniger ist mehr und in der Regel auch erfolgreicher”. Detailinformationen und Fakten sind in der Healthcarekommunikation oft unverzichtbar. Ärzte müssen und wollen im Einzelfall mehr wissen über Indikationen, wissenschaftlichen Background usw. Dafür gibt es zahlreiche Tools und Bühnen. Man kann trotzdem das eine tun ohne das andere lassen zu müssen.

Persönlichkeit und Gesicht

Marken brauchen ein Profil und ein Gesicht. Und Menschen denken in Bildern, auch Mediziner. Dann ist es fast schon zwingend logisch, dass man Marken ein „Gesicht“ gibt, das die Menschen identifizieren können, an dem sie sich orientieren können und entscheiden, ob sie eine Beziehung mit dieser Persönlichkeit eingehen und halten möchten. Key Visuals können ein solches identitätsstiftendes Markengesicht sein, gerne in Form eines plakativ visualisierten Produktnutzens. In der nicht zuletzt durch Digitalisierung immer komplexer werdenden Tool Box machen es solche Bilder und Botschaften leichter und wirtschaftlicher, Synergien aufzubauen, kreative und identitätsstiftende Ideen und Markenprofilierung interdisziplinär und durchgängig zu spielen. Auch das kann man von anderen Märkten sehr gut lernen und übertragen.

Kundensicht statt Anbietersicht

Die Versuchung ist groß, Marken und Produkte aus Hersteller- und Anbietersicht zu präsen-tieren: “Wir sind, wir bieten, wir können …”. Da werden Marken und Unternehmen schnell zu wissenschaftlichen Referenten, nicht zu gewinnenden Persönlichkeiten, denen man gerne vertraut. Auch bei Medizinern und Professionals gilt es die ewige und zentrale Frage zu beantworten: „Was habe ich davon? Wie und warum macht dieses Produkt mir die Arbeit und das Leben leichter und angenehmer? Warum soll ich Dich mögen und Dir vertrauen?“ Das Zauberwort im Aufbau von Markenpräferenzen und Kundenbeziehungen heißt heute “Customer Centricity”. Man muss wissen, was die eigene Zielgruppe bewegt, sich in der Lösungsfindung und im Beziehungsaufbau ihre Perspektive zu eigen machen und Leistung und Kommunikation darauf ausrichten. Wer so antritt, schafft den Aufbau einer Vertrauensbeziehung oder vielleicht sogar Liebesbeziehung erheblich schneller und wirkungsvoller.

Kreativität ist nicht automatisch unseriös

Ein Feld mit größter Berührungsangst. Das Klischee: Healthcarewerbung muss sachlich und seriös sein, sonst ist sie unglaubwürdig bis abstoßend. Wirklich? Kreative Inszenierung bedeutet nicht automatisch laute Reklame. Kreative Ideen bieten die große Chance stärkerer Auffälligkeit, besserer Kommunikationsleistung, besserer weil pointierterer Profilbildung und stärkerer Sympathiegewinnung. In der Healthcarewerbung gilt es natürlich mit werblicher Inszenierung und Überhöhung behutsam umzugehen, besonders enge gesetzliche Leitplanken zu berücksichtigen, keinen Overpromise zu erzeugen oder Arzt und Patient nicht für dumm zu verkaufen. Clevere und intelligente Kreativität hat aber auch bei Healthcare immer eine gute Chance, positive Aufmerksamkeit und hohe Akzeptanz zu erzeugen. Sie wirkt positiv auf das Image, denn Kreativität signalisiert stets auch besondern Spirit, Smartness und besondere Leistungsfähigkeit. Und sie sollte immer auf echte, relevante und belegbare Nutzen und Eigenschaften stützen. Kreativ aufgestellte Unternehmen oder Marken werden als stark und modern erlebt und dadurch attraktiv. Gerade in einem Wettbewerbsumfeld mit verhaltener bis null Kreativität haben Marken mit wirklich kreativen Auftritten den großen Vorteil, sich noch deutlicher im Werbeumfeld hervorzuheben und noch stärker gegen die Konkurrenz zu profilieren.

Fazit: Erfolgreiche Healthcarewerbung erfordert nicht nur den notwendigen Sachverstand für die Materie, sondern auch das Wissen, wie man Marken positioniert, inszeniert und wie man Menschen für sie begeistert und Vertrauen in sie aufbaut. Deshalb trau Dich was!

Marco Ludwig
Geschäftsführer der Wächter Worldwide Partners
m.ludwig@waechter.team

 

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